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Paper Mildner

Canada in the Global Economy and Global Economic Governance

Stormy Mildner, Stiftung Wissenschaft und Politik

Diskussionsthesen

I. Wie steht es um Kanadas Rolle im internationalen Handelssystem?

  • Kanada als vergleichsweise kleine offene Volkswirtschaft (der Außenbeitrag – Exporte und Importe –  zum BIP beträgt über 70%) ist deutlich mehr vom Welthandel abhängig als sein großer Nachbar und stärker anfällig gegenüber Nachfrage- und Preisschwankungen auf den Weltmärkten.
  • Kanada hat nach wie vor ein besonderes Interesse an einem regelbasierten, offenen multilateralem Handelssystem und der Doha-Runde der WTO, da:
  • Kanada ist hinsichtlich von Wachstum, Einkommen und Beschäftigung auf offene Weltmärkte angewiesen.

Kanada „considers the WTO as the foundation for its trade policy and relations“.

  • Agrarexporte und verarbeitete Nahrungsmittel stellen einen vergleichsweise hohen Anteil der Gesamtexporte Kanadas (ca. 12%). Kanada ist daher besonders negativ von den nach wie vor hohen Agrarzöllen und den handelsverzerrenden Agrarsubventionen betroffen. Die WTO und die aktuelle Doha-Verhandlungsrunde stellen die einzige wirkliche Möglichkeit für Kanada dar, die Liberalisierung des Agrarhandels voranzutreiben. Präferenzielle Handelsabkommen wie FTAs sind deutlich weniger viel versprechend.

Kanada “was seeking real progress in levelling the international playing field by further strengthening the multilateral rules governing agriculture trade, addressing the trade-distorting subsidies, and significantly improving market access opportunities”.

  • Kanada hat nicht immer gute Erfahrungen mit regionaler Handelsstreitschlichtung gemacht (Softwood Lumber Dispute mit den USA). Kanada sieht daher gerade in der multilateralen Streitschlichtung eine wichtige Funktion der WTO, die gestärkt werden muss.

“The Canadian Government proposed greater transparency in dispute settlement, increased public understanding of the settlement system and reforms that lead to more professional, experienced, impartial and independent panels.”

  • Kanadas Stellung im Welthandel und Welthandelssystem unterliegt einem Wandel; das strategische Umfeld für Kanada hat sich geändert:
  • Kanada steht mehr denn je im Wettbewerb um ausländische Märkte. Neue Anbieter stellen eine Konkurrenz für Kanada auf dem US-Markt dar. Und Kanada muss angesichts der Welle von präferenziellen Handelsabkommen (PTAs), die die USA und die EU schließen, fürchten, aus bestimmten Wachstumsmärkten ausgeschlossen zu werden, bzw. Diskriminierungen seitens der Haupthandelspartner zu erleiden.
  • Gemessen am BIP ist Kanada die neunt größte Volkswirtschaft weltweit, gemessen in BIP nach Kaufkraftparitäten liegt Kanada nur noch auf Platz 12 nach China, Indien und Brasilien. Prognosen von Goldman and Sachs zufolge wird der Anteil Kanadas weiter sinken.
  • Während Kanada bis Ende der 90er Jahre zur zentralen Entscheidungsgruppe der Quad in der WTO gehörte, war es in der Doha-Runde an bestimmen Schlüsselallianzen und Kerngruppen nicht mehr beteiligt, wie beispielsweise der Five Interested Parties (EU, USA, Australien, Brasilien und Indien) und der G-6 (USA, EU, Brasilien, Indien, Japan und Australien). Auch die Cairns-Gruppe, der Kanada angehört, hat deutlich an Einfluss verloren. Anstatt dessen bestimmen aufstrebende Schwellenländer wie Indien und Brasilien und Entwicklungsländerallianzen wie die G-20 immer mehr die Verhandlungen.
  • Kanada bewertet die multilaterale Liberalisierung nach wie vor als Königsweg.

Dennoch scheint ein Wandel in der Kanadischen Außenhandelspolitik stattzufinden, auch als Reaktion auf das sich wandelnde strategische Umfeld:

  • Kanada fördert verstärkt die Diversifizierung seiner Exporte und Exportmärkte
  • Kanada verhandelt zunehmend bilaterale und regionale PTAs.

II. Und wie steht es um Kanadas Rolle in anderen multilateralen Gremien?

  • Kanada galt bis vor kurzem als einer der stärksten Befürworter der Aufwertung der G-Finanz-20 zu einer L-20 als gleichwertiges Forum zur G-8, die den sich wandelnden weltwirtschaftlichen Machtverhältnissen Rechnung trägt. Anders sieht es unter der neuen Regierung aus:
  • Sandra Buckler, Harper’s Communication Director: „This government has no plans to support that initiative (L-20)”.

Während Prime Minister Martin bei seiner Rede vor der VN (2005) den Fokus auf multilaterale Institutionen und die L-20 legte, schlägt Harper einen anderen Weg ein.

  • Governor General Michaëlle Jean: “The Government will support a more robust diplomatic role for Canada, a stronger military and a more effective use of Canadian aid dollars. We want Canada to be a player, at home and abroad on the great challenges of the day.”

Kanada’s Außenpolitik unterliegt einem Richtungswandel, der sich mehr und mehr an den USA orientiert.

  • Kanada befürwortet nach wie vor eine umfassende Reform des IWF, sowohl eine Governance-Reform  (Quotenreform) als auch eine stärkere Rolle des IWF bei der Beseitigung globaler makroökonomischer Ungleichgewichte.

Während Kanada nach wie vor ein starker Befürworter multilateraler Wirtschaftsorganisationen und einwichtiger Motor für die Reform globaler Governance-Prozesse und -Strukturen ist, sollte dies nicht als unumstößliches Faktum betrachtet werden, da auch Kanada auf das sich wandelnde weltwirtschaftliche Umfeld reagieren wird.